späte gäste

– clemens holzmeister sitzt an einem einfachen wirtshaustisch und hat vor sich ein halb ausgetrunkenes weinglas mit henkel stehen. salopper anzug und das berühmte „holzmeister-mascherl“. lois welzenbacher tritt auf, etwas scheu, mit einem viel zu weiten naturleinenanzug. die hose mit einem strick festgebunden. welzenbacher bleibt stehen, für ihn steht kein glas auf dem tisch. holzmeister spricht perfekt burgtheater-tirolerisch (modell walter reyer) und welzenbacher mit bayerischem einschlag.

 

holzmeister: servus loisl, setz di her.

welzenbacher: servus holzi, so freundlich warst schon lang nimmer zu mir.

h:   sag nit holzi, sonst werd i gleich grauslich wie früher.

w:   also clemens. dann sag aber a lois zu mir.

h:   was treibst du jetzt, in der ewigkeit?

w:    ja, i vertreib eigentlich nur die zeit. wenn i die nur früher ghabt hätt.

h:   mir gehts genau so. eigentlich stinkfad. bist du a im himmel?

w:   wennst mi so direkt fragst, des woas i eigentlich ned. i bin unter lauter kaiserjäger, da geht immer a bissl fidel zua.

h:   i sitz unter lauter cv´ern.

w:   mei, du armer.

h:   wenn i des gwusst het, war i nie dazuagangan.

w:  des vasteh i.

h:   i muass einfach manchmal aussi. und wo ziagz mi hi? nach tirol.

w:   sunst hätt ma uns ja nit troffn. mia gehts genau so. warum nit nach salzburg?

h:   na di kennan mi kreizweis. hast nit gsegn, wos do mein herzpinkerl…

w:   auch ein holzi…

h:   ja, was der mit mein festspielhaus aufführt…

w:   du moanst, abreisst…

h:    also, salzburg is fia mich gstorbn. dir gehts ja da viel besser. du wirst richtig aussaputzt von de jungen. dein turmhotel steht wieder da, wia wennst das grod baut hättst. bis auf den sektkübel daneben.

w:   seit wann stört dich a sektkübel? ( lacht ). mir gfallt der turm guat. der biedert sich net an. ma muas a an stolz habn.

h:   jetzt siagt ma erst, was du für ein hundling warst.

w:   des hättst du vor fuchzig jahr a net gsagt.

h:   ma derf ja in der ewigkeit was dazualernen. wanns a nix mehr nutzt ( lacht ).

w:   stimmt. owa vorher ham die trioler alle meine bauten verschandelt, niedergrissn. von dir is jede hüttn stehn bliebm. waon von dir was hin is, dann hast dus selber ruiniert (lacht).

h:   ja, dein zeig hat ja a nit nach tirol passt, ned amol nach salzburg oder bayern oder wo´st noch überall dein modisches graffel hingstellt hast.

w:   da schau her, die ewigkeit is doch noch a bissl zu kurz fia di.

h:   ja, weils wahr is.

w:   deine hüttn stehn ja nur deshalb, weilst einer jedn an trachtnhuat aufgsetzt hast…

h:   an huat mit einer gscheitn krempn, unter dem ma nit nass wird und in dens nit einiregnt.

w:   ja, die tiroler werdn nit gern nass.

h:   wenigstens aussn. prost lois.

w:   der wein schmeckt dir immer noch.

h:   er tät ma schmeckn. ned amoa die cv´er hams geschafft, dass im himmel an wein gibt.

w:    bei die kaiserjäger findt ma immer noch a schnapsl.

d:   ja, vielleicht seids ihr gar nit im himmel?

w:   wos woas i.

h:   i hed doch damals in kriag ziehn solln.

w:   des sagst du heit, du filou.

h:   wenigstens oa moe muss i´s sagn (verdrückt eine krokodilsträne). prost, lois.

w:   na ja, prost.

h:   redn ma wos gscheiters.

w:   fallt dir was ein?

h:   fallt dir was ein?

w:   was sagst zu unsere kollegen, heit?

h:    da fallert mir viel ein. die wissen ja ned amol mehr was a bleistift is, von ana kohln oder gar an plastilin mecht i gar nit redn.

w:   und sauffn tuans a net.

h:   na, des hob schon i erledigt (lacht).

w:   woast wos, die heitign architektn san viel zu gescheit. lauter hirnwixer. sogar die architektinnen.

h:   ja, gibts denn die a?

w:   des sagst du, wo von deine zeichnknecht viele weiberleit warn?

h:   ibatreib net, lois. glaubst, san die architektn heit wirklich gscheiter?

w:   i woass net.

h:   vielleicht gscheidlns mehr. und schreibn. die schreiberling hab i schon gfressen. kennan koan plan lesn, wissn ned wos a zollstock is, habn koa ahnung von an waagriss, kennan koa roafmessa und koan ziagl mehr aber schwafeln von transparenz…

w:   gschwitzt ham mir aa…

h:   ambivalenz, kon-se-quenz..

w:   konsequent ham mir a gsagt, zum überdruss…

h:   ja, aber dabei mit der faust aufn tisch ghaut . di schwafeln ja heit von ganz andere sachn, i merk mir des zeig net, de dings…

w:   aber ganz bled sans trotzdem net, sie verstehn heit meine bauten besser als deine.

h:   des i ja koa kunst, bei dir gibts a nix zum verstehn bei deinen glaskistln, den verbogenen.

w:   es ist höchste zeit, dass du von deine cv´er wegkommst, die vertreibn dir ja noch des letzte bazl hirnschmalz.

h:   ( sehr milde ) loisl, im ernst. glaubst du wirklich dass deine kistn in hundert jahr noch einen hund hinterm ofen hervorlocken?

w:   fünfasiebzg san aber schon vorbei!

h:   ( noch milder ) schau, wann i deiner stadtwerkekistn net a haubn aufgsetzt het – i woass schon, dass´s der schöne otto letztendlich gmacht hat – aber die idee war von mir ( grinst ), dann tätn die innsbrucker di heit noch am weg zum adambräu lynchen. du kannst mir nur dankbar sein.

w:   dankbar. dafür ghörst du in der architekturhölle gevierteilt und zu deinem 150sten geburtsag braten. ich werd der hilde schon noch einredn, dass der christbamschmuck owagramt wird. des versprich i dir.

stimme aus den off, vermutlich der liebe gott selbst, in breitem höttingerisch: jetz herts amol auf zu streitn ihr kindsköpf, ihr seids doch in der ewigkeit

 h:   hast ghert, wir sitzen in der ewigkeit, da kenntst schon amol a ruah gebn.

w:   irgendwo hert sich die ewigkeit auf und von der himmlischen ruah hab i langsam gnua.

h:   ( versöhnlich ) und a hetz iss jo a, a bissl streitn. der alte versteht a nix mehr von seinem heiligen land.

w:   ja, ja.

h:   eigentlich is´s ja wie früher.

w:   na, da bin i dir mehr ausn weg gangan. wan i in der weana akademie auf der stiagn deine plattfiaß ghert hob, bin ich schnell in die wendeltreppn einighuscht. da bist du nie eini, die hettst nit daschnauft ( lacht ).

h:   im ernst lois, als lehrer warst du ein versager. i kenn kan anzign schüler von dir, der wos wos taugt.

w:   jo. oan hob i ghobt.

h:   jo, der das gegnteil von dir gmacht hat. a a so a hirnwixer.

w:   i woass eh nit, wieso die guatn gewerbeschüler olle zu dir grennt san.

h:   derf ich dir wos sagn. des behalts aber für dich. die san olle gschickt wordn. von die stockkonservativn direktoren aus villach, salzburg, krems und innsbruck. und waons bei mir nit aufgnommen wordn san, sans zu dir umigangan ( grinst ).

w:   und ich trottel, hab mir den arsch aufgrissn. i war immer in der schul. sogar am sonntag. ja i hab sogar drin geschlafn…

h:   ja, weilst so geizig warst …

w:   weil du mi nit hast aufkommen lassn. so war des. ich bin erst am sterbebett ordentlicher professor wordn.

h:   ehrlich, i hab di a net gholt. die studenten san in dein häusl nach absam gefahrn, und ham di gfragt obst net nach wien kommen mechst. grad deshalb hättst a bessere schüler habn können. du warst ka lehrer. jo, a guater latsch, der wos den studenten die perspektiven zeichnet und nix dabei gredt hat, höchstens: da muas a bursch her, wie du deine windigen türm gnennt hast.

w:   und was hast du gmacht? du warst überhaupt nie da, immer in der türkei …

h:   eine methode die heit noch von di stars mit erfolg praktiziert wird ( lacht teuflisch ) …

w:   und hast dem armen wachberger die drecksarbeit machen lassen

h:   stimmt. i bin amol im semester wie gottvater selber in einer gloriole erschienen, hab alle, die glaubt habn sie san holzmeisterschüler, zamputzt und nachher zum heurigen eingladn. da warns dann wie lamperl, habn mir aus der hand gfressn und brav gsungen ( hebt an mit gaudeamus igitur ) …

w:   ( hält sich die ohren zu und schreit ): bittschen aufhören. du warst immer schon ein gnadenloser schauspieler.

h:   a besserer wia meine tochter, die burgschauspielerin, das hat sie selber gsagt. (verklärt ): ja, das warn schöne zeitn. und du, du hast dir jeden tag im theater an der wien auf dem stehplatz eine oper anghört. bei dir hats für die studenten nix zum zittern gebn und nix is aus ihnen wordn.

w:   meine schüler san die jungen von heit. die habn meine schul nibraucht. die schaun si meine bauten an, soweits noch dastehn. du hast heit keine schüler mehr, die habn sich alle verlaufen und jüngere kommen nit nach. es gibt doch eine gerechtigkeit ( ist zu tränen gerührt ).

h:   geh lois. freu di doch.

w:   eh.

h:   schau dir amol an, wo wir sitzn. i bin ja nur wegn dir herkommen. neidlos: heut is dein tag. schau, was die narrischn teufeln aus deinem sudhaus gmacht ham. respekt. da muss dir sogar ich neidig sein.

w:   vielleicht san die jungen architekten doch keine hirnwixer. ich bin mir ja direkt selber neidig. bumsti.

( schaut lange gerührt im raum herum ). den köberl kenn i ja schon lang. der gfallt mir. der sagt nix und was er nit sagt, is alleweil gescheit. den giner und den wucherer kenn i weniger, aber die drei passn zam. des sicht ma. solchene hundianer. da bin i direkt froh, dass i nimmer leb. clemens, da war mir deine konkurrenz scho lieber? ( lacht und umarmt ihn ).

h:   lois, bremst die ein. die ewigkeit is noch lang. und wer woass, wos aus deine greislichen hüttn noch alles machen. wenns an sinn hätt, in der ewigkeit, kennt ma drauf wettn.

w:   ja, da ging i jede wett ein.

 

friedrich achleitner, 15. 01.2004