Nach der Gründung des Völkerbundes 1920 wurde in Genf zur Errichtung des Palais des Nations 1926 ein Wettbewerb ausgeschrieben – 377 Architekten nahmen teil – auch Lois Welzenbacher.
Entgegen der jetzigen Lage des Völkerbundpalastes war das Wettbewerbsareal direkt am See – mit aufsteigendem Gelände zur Erschließungsstraße – Rue de Lausanne (neben Sekretariate, Büros, Sitzungsräumen, Bibliothek mit Lesesälen, Foyer sollte ein 2.600 Personen fassenden Saal vorgesehen werden).
Der Entwurf von Welzenbacher sieht drei – zum See abgestufte und den Geländelinien folgende – Gebäudetrakte vor – der oberste und höchste nimmt den Geländeschwung auf und umschließt den Saal. Sein kegelförmiges Glasdach – ca. 75 m hoch ist wie ein Leuchtturm über dem Genfersee. An der Erschließungsstraße schlägt Welzenbacher eine zweigeschoßige, hofartige Bebauung vor die das Èntre` zur Anlage ist – zum See hat er eine breit angelegte Treppe skizziert an der die Besucher – vom See kommend – „aufsteigen“.
Dieser Wettbewerb ist insofern interessant, da er in einer Zeit erfolgte, in der die Architektur der Moderne im Begriff ist, sich zu definieren:
– der Klassizismus mit strengen Grundrissformen und Axialität – in einigen Wettbewerbsbeiträge noch stark vertreten (Fischer, Pölzig, Holzmeister) – wird abgelöst von der „Wahrhaftigkeit gegenüber dem Ort, dem Bauprogramm und der Konstruktion“ (Eugene Violett-le-Duc)
– Stadtentwicklungsprojekte (Gartenstadt, Industriestadt) brachten die Baukunst in einen größeren Zusammenhang und der technische Wandel – Stahlskelett, Personenaufzüge – ermöglicht die Entwicklung der Hochhäuser.
Ein paar Blitzlichter aus dieser Zeit:
1909 – Behrens baut die Turbinenfabrik in Berlin 1911– Gropius das Faguswerk
1914 – Paul Scheerbart schreibt „Glasarchitektur“ – Werkbundausstellung in Köln
1921 – Mies van der Rohes entwirft das Bürogebäude in der Friedrichstraße – Berlin
1923 – Bauhausstellung in Weimar (mit Beteiligung von Le Corbusier, Mies van der Rohe u.a.)
1924 – Haus Schröder von Rietveld wird gebaut
1926 – Le Corbusier schreibt „Kommende Baukunst“
Welzenbacher studierte 1912-1914 in München bei Theodor Fischer (auch der hatte einen Wettbewerbsbeitrag) und eröffnet nach den Kriegsjahren sein Atelier in Innsbruck – das „Fortführen und Verdichten der landschaftlichen und städtebaulichen Situation und die dynamische Verbindung ins Vertikale wird zu jener Zeit die eigenständige Entwurfsmethode von Welzenbacher“ (Achleitner).
Das Haus Settari – 1923 in Bad Dreikirchen gebaut – wird dabei zu einem Schlüsselbau (Achleitner) – eine muschelförmige Bewegung aus dem Gelände ins Vertikal.
Ein weiteres, städtebauliches, Projekt ist die Verbauung der Zelgergründe 1925 in Innsbruck wo Welzenbacher aus einer horizontalen platzbildenden Anlage das vertikale turmartige Element „den Burschen“ (Welzenbacher) prägnant „hingestellt“ hat.
Auch beim Projekt für den Völkerbundpalast hat Welzenbacher die Bauaufgabe aus dem Ort – dem Gelände heraus entwickelt – als Konzept der „Bewegung von der Horizontalen in die Vertikale“ – als Verdichtung des Ortes – Welzenbachers wichtiger Beitrag – als sich die Architektur der Moderne definiert.
Kurt Rumplmayr, August 2019
Folgend noch Beiträge einiger bekannter Architekten zum Wettbewerb des Völkerbundpalastes: